Die Matjes-Fischer
Jedes Jahr im Mai wird ein norwegisches Dorf von Fischprüfern übervölkert. Es ist Matjessaison und nicht jeder Hering ist gleich Matjes...
Ein Netz voller Jungfrauen
Von Mai bis August ist Matjessaison: Die Fischer fahren raus auf die zentrale Nordsee - das Hauptfanggebiet der Matjesheringe.
Arie van der Zwan ist einer davon. Er fischt Matjes, oder korrekt gesagt: den Hering, der zu Matjes verarbeitet wird - jener auch hierzulande weit verbreiteten holländischen Spezialität.
Gefangen werden dafür „jungfräuliche“ Heringe, die noch vor der Geschlechtsreife stehen und idealerweise drei bis fünf Jahre alt sind. In diesem Alter haben sie noch keine Milch oder Rogen gebildet, aber zur Vorbereitung auf die Fortpflanzung schon einen hohen Fettgehalt angelegt.
Was bedeutet nachhaltiger Heringsfang?
Der MSC definiert nachhaltigen Fischfang anhand von drei über-geordneten Kriterien:
1. Nachhaltige Fischbestände: Es darf nicht zu viel gefischt werden, sodass der Heringsbestand erhalten bleibt.
2. Gesundes Ökosystem: Der Heringsfang hat nur geringe Auswirkungen auf das Meeresleben.
3. Wirkungsvolles, verantwortungsvolles Management der Fischerei: Die getroffenen Vereinbarungen werden eingehalten und wirksame Kontrollen durchgeführt.
Aries Fischerei gehört zur PFA & SPSG North Sea Herring fishery, die seit 2017 MSC-zertifiziert ist, also von unabhängigen Gutachtern und Experten auf ihre Nachhaltigkeit überprüft wurde. Sie besteht aus einer internationalen Fangflotte mit 51 Schiffen, wozu drei deutsche und weitere niederländische, französische, englische, litauische, schottische und schwedische Fahrzeuge gehören.
Eine Zertifizierung gilt für fünf Jahre. Danach muss die Fischerei neu zertifiziert werden.
Was ist Matjes?
Matjes ist eine traditionelle, holländische Fischspezialität. Der Matjes-hering, der in Holland auch Hollandse Nieuwe (wörtlich übersetzt 'Holländischer Neuer') heißt, erhält beim Einlegen in einer Salzlake durch fischeigene Enzyme seinen ganz besonderen zarten Geschmack.
Seine traditionelle holländische Verarbeitung besteht aus dem frischen Anlanden des Herings und anschließendem Kehlen, Pökeln und Filetieren.
Traditionelle Verarbeitung
Das Kehlen ist Präzisionsarbeit. Dabei werden die Eingeweide und Kiemen weggeschnitten, sodass der frische Hering auch ohne jegliche Konservierungsmittel lange haltbar bleibt.
Beim Pökeln wird der Hering nach einer jahrhundertealten Methode in Salzlake eingelegt. Dieser Reifeprozess bestimmt nicht nur den Geschmack, sondern sorgt auch für eine längere Haltbarkeit.
Beim Filetieren werden die Gräten und nicht-essbaren Teile entfernt. Dies geschieht entweder in einer Fabrik oder am Heringsstand direkt vor den Augen der Kunden!
„Im Mai, Juni fängt die Heringssaison an. Dann ist der Hering nur leicht gereift und hat einen noch mild salzigen Geschmack. Ab September ist der Hering ein reiferes Produkt.“
Matjes im Visier
Auf Heringsfahrt mit Arie
Arie van der Zwan arbeitet schon seit 41 Jahren als Fischer. „Ich habe noch miterlebt, wie der Fisch in Holzfässern ankam!“, beginnt er zu erzählen.
Nicht immer ging es dem Hering so gut wie heute. Er wurde früher stark überfischt, berichtet Arie: „Im Vergleich zu heute wurde zwar mit kleineren Schiffen gefischt, aber es gab keinerlei Vorschriften. Norweger, Niederländer und Russen – die gesamte europäische Fischflotte lag dann da.“
„Es waren zwar alles kleine Schiffchen, aber viele kleine Schiffe fangen eben auch große Mengen.“
Internationale Vereinbarungen im Kampf gegen die Überfischung
Aufgrund der Überfischung ging es dem Nordseehering sehr schlecht. 1978 wurde die Heringsfischerei deshalb 5 Jahre lang verboten.
Durch diese Maßnahme hatte die Heringspopulation Zeit, sich zu regenerieren. Ab 1983 konnte der Fischfang langsam wieder aufgenommen werden, allerdings mit festgesetzten Fangbeschrän-kungen.
Um einer erneuten Überfischung des Herings vorzubeugen, wurden internationale Vereinbarungen getroffen, die streng kontrolliert werden. So gibt es eine verantwortungsvolle Bestandsbewirtschaftung, bei der die Fangquote auf Grundlage wissenschaftlicher Forschung festgelegt wird.
Es steht nun fest, wieviel pro Land und Schiff gefischt werden darf. Und, dass alle Beteiligten für den Erhalt eines gesunden Meeres zusammenarbeiten. Deshalb haben die Fischer eine unabhängige Anerkennung für ihre Bemühungen gesucht – und gefunden: das MSC-Zertifikat. Aufgrund ihres Einsatzes war die niederländische Herings-fischerei in der Nordsee die erste große Meeresfischerei Europas, die 2006 die MSC-Zertifizierung erhielt. Da die Vereinbarungen noch immer gut funktionieren und strikt eingehalten werden, wurde die Fischerei seither bereits zweimal erneut zertifiziert - zuletzt im oben erwähnten internationalen Zusammenschluss.
„Der Hering ist jetzt vermutlich einer der am besten erforschten Fische Europas. Gerade weil er eine Zeit lang überfischt war, wird jetzt genau überprüft, wie es um den Hering steht. Und das ist auch gut so.“
Eine besonders nachhaltige Fangmethode
Da der Hering in Schwärmen vorkommt, müssen Heringsfischer den Meeresboden nicht mit Grundschleppnetzen berühren. Dadurch werden Bodenbewohner wie Seesterne und andere Fische nicht mitgefangen. Die Heringsfischerei mit Freiwasser-Schleppnetzen hat daher kaum Beifang von anderen Fischen oder Meerestieren.
„Bei der Heringsfischerei entsteht der Umgebung kein Schaden. Im Grunde genommen siebt man nur das Wasser."
Sorgfältige Kontrolle
Jedes Jahr im Mai wird das norwegische Dorf Egersund von niederländischen Fischprüfern bevölkert.
Je fetter der Fisch, desto besser.
Der Hering wird nach dem Fang zuerst nach Norwegen oder Dänemark gebracht.
Die Fischprüfer von Ouwehand - ein holländisches Unternehmen, das den Fisch zu zahlreichen Endprodukten verarbeitet - sind seit Anfang der Heringssaison in Norwegen, um den gefangenen Hering zu kontrollieren. Dabei gehen sie sehr sorgfältig vor.
Anton van der Plas, Geschäftsführer von Ouwehand, erzählt von seiner Arbeit: „Wenn das Schiff anlegt – und das kann am Tag oder in der Nacht sein – müssen wir schnell zur Stelle sein. Dann gehen wir etliche Fragen durch: Welchen Fisch bringt das Schiff mit? Welche Qualität hat das Fischfleisch? Was war das Futter? Welcher Fang wird für den nächsten Tag erwartet? Man bekommt im Voraus zwar Informationen von den Schiffen, dennoch muss man den Fang gut kontrollieren, bevor man darauf bietet.“
„Dann beginnt das Bieten. Der höchste Bieter bekommt den ganzen Fang. Das geschieht als sogenanntes blindes Bieten. Niemand weiß, was für ein Angebot die anderen machen. Das macht es sehr aufregend.“
Wenn der Fang an Land ist, verarbeiten Unternehmen wie Ouwehand oder die deutsche Firma SY den Hering zu konsumfertigen Endprodukten, z. B. Heringsfilets. Oder der Hering wird an Fischhändler geliefert, die ihn selbst filetieren.
Erfolgreiche Zusammenarbeit
Dank internationaler Absprachen hat sich der Nordseeherings-Bestand wieder erholt und die Fangmengen liegen im nachhaltigen Bereich.
Das MSC-Siegel bietet Konsumenten die Sicherheit, dass alle Beteiligten die Vereinbarungen einhalten - vom Fischer bis hin zum Fischspezialisten. Jeder in diesem Sektor befolgt die Regeln. Somit weiß man sicher, dass Fisch mit dem MSC-Siegel aus nachhaltiger Fischerei stammt.
Der Fischhändler Peter Tol bestätigt, dass die MSC-Zertifizierung von Fisch sehr wichtig ist: „Die Nordsee hat wieder viel Fisch. Das beweist, dass die Zertifizierung bereits Früchte trägt. Die Fischer haben sich enorm eingesetzt, jetzt sollte auch der Konsument nicht nur nachhaltigen Hering, sondern auch andere nachhaltige Fischarten kaufen.“
„Mit einer Milliardenbevölkerung ist es unser aller Pflicht, die Fischbestände so sorgsam zu bewirtschaften, dass nur die ‚Zinsen‘ aus dem Meer gefischt werden.“
So kann man auch dieses Jahr wieder unbesorgt Matjes genießen!
So wie die drei!
Wähle den blauen Fisch!
Das blaue MSC-Siegel auf einem Fischprodukt bedeutet, dass es sich um nachhaltig gefangenen Wildfisch handelt. Wir glauben an Weltmeere voller Leben und unterstützen die Bemühungen von Fischereien und Verarbeitern, die wertvolle Ressource Fisch nachhaltig zu nutzen. Denn wir wollen, dass Menschen auch in Zukunft von artenreichen Ozeanen profitieren und Fisch genießen können.
Weitere Infos und Anregungen gibt es auf unserer Homepage und in unseren Social-Media-Kanälen